Auch wenn sie die Vorgaben für widersinnig hielten, beachteten die am 10.10. in Berlin demonstrierenden "Corona-SkeptikerInnen" sie. Zwischen sechs und zehntausend TeilnehmerInnen waren einem bundesweiten Aufruf "Wir müssen reden!" gefolgt. Darin hieß es
»Worüber müssen wir reden?
Darüber, dass die Pandemie von nationaler Tragweite beendet wird – ohne Impfstoff!
Darüber, dass es mehr als 200 statt nur 2 Experten gibt, die gehört werden müssen!
Darüber, dass es reicht mit permanenten Angstkampagnen und dass wir regierungsunabhängige Wissenschaft fordern!
Darüber, dass die Drangsalierung unserer Kinder aufhört – sie brauchen Zuneigung und Verständnis statt Isolation und Abweisung!
Darüber, dass wir als Familien nicht selbstbestimmt und verantwortungsbewusst den Umgang mit alten und kranken Angehörigen regeln können!
Darüber, dass die Unterstützungen für Klein- und Mittelbetriebe festhängen, während sie für Großkonzerne munter fließen!
Darüber, dass eine Zensur nicht statt zu finden hat!
Darüber, dass mit drittrangigen Infektionsschutzverordnungen keine erstrangigen Versammlungsrechte zu versagen sind!
Darüber, dass die gesellschaftliche Spaltung ein Ende hat – wir stehen in Frieden und Freiheit zusammen!
Darüber, dass es uns wirklich reicht – zieht Euch warm an, denn wir werden nicht lockerlassen – friedlich, aber bestimmt!
Warum? Weil wir der Souverän sind und ihr die Repräsentanten!«
Auch die Klimabewegung Fridays for Future hatte mehrere hundert Menschen auf die Straße gebracht, um eine Verkehrswende zu fordern.
»Es sei absurd, dass die Beschäftigten von deutschen ÖPNV-Betrieben für bessere Arbeitsbedingungen streiken müssen, teilte Fridays for Future im Internet mit. Der kostspielige Neubau von Autobahnen wie der A49 in Hessen müsse gestoppt werden…
Aktivisten der Umwelt-Gruppe [Extinction Rebellion haben] am Freitag auch eine Straße in Berlin und zeitweise auch das Haus der Wirtschaft in Charlottenburg besetzt. Dort befindet sich der Hauptsitz des Deutschen Braunkohlen-Industrie-Vereins (DEBRIV). Die Klimaaktivisten wollen damit auf den „unverhältnismäßigen Einfluss von Lobby- und Konzerninteressen auf politische Entscheidungen“ aufmerksam machen.«
Zu Randale kam es bei einer Demonstration gegen die Räumung des besetzten Hauses „Liebig 34“. Tausende PolizistInnen hatten das Recht eines Immobilienspekulanten durchgesetzt. In den Medien wird die Gewalt auf der Demo (eingeschlagene Fenster) thematisiert, nicht die der Polizei bei der Räumung und schon gar nicht die strukturelle Gewalt der Eigentumsverhältnisse. "Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?" – dieses Wort von Brecht soll nicht diskutiert werden.
Dabei haben alle drei Demonstrationen des Tages gemeinsam: Wirtschaftliche und mediale Macht steht gegen die Interessen der Allgemeinheit. Die Formen der Gegenwehr sind unterschiedlich und sicherlich unter den AkteurInnen umstritten.
Die Forderung nach einer "regierungsunabhängigen Wissenschaft" zeigt m. E., daß auch viele "Corona-SkeptikerInnen" Schwierigkeiten haben, die Machtverhältnisse wirklich zu durchschauen.
Was wir brauchen, ist eine Wissenschaft, die unabhängig von der Wirtschaftsmafia ist, und eine Regierung, die unabhängig von der Wirtschaftsmafia ist.