Quatsch, Olaf Scholz ist doch kein Gustav Noske!

twit​ter​.com

Darum küm­mert sich, wenn es Not tut, der Vizekanzler.

"Noske 2.0

Gustav Noske war ein kriegs­be­gei­ster­ter Konterrevolutionär, der sich selbst stolz als »Bluthund« bezeich­ne­te. Sein größ­ter Fan? Robert Habeck.

Gustav Noske ist kaum bekannt. Glaubt man Robert Habeck, dann war der Sozialdemokrat Noske 1919 »Innenminister«. Er sei eigent­lich »für die Revolution« gewe­sen, sei im November 1918 »qua­si unbe­schrie­ben«, »ohne einen kla­ren Plan« nach Kiel zu den meu­tern­den Matrosen gekom­men und habe dort »Ordnung geschaf­fen«. »Jahre spä­ter« habe er den Spartakusaufstand nie­der­ge­schla­gen, denn schließ­lich sei er ein Akteur gewe­sen, »der ver­sucht, den ewi­gen Zustand der Revolte in etwas zu über­set­zen, was gesell­schaft­lich funktioniert«.

Das alles gab Robert Habeck in Interviews von sich, zu Zeiten, als er noch unbe­kann­ter war als Noske heu­te. Leider stimmt fast nichts von Habecks Behauptungen, außer dass Noske Sozialdemokrat war.

Eine Eiche unter den grünen Pflanzen

Auf die­ser »beacht­li­chen« Recherche basie­rend hat Habeck vor drei­zehn Jahren zusam­men mit sei­ner Frau ein Theaterstück geschrie­ben: 1918. Revolution in Kiel. Seine Lieblingsfigur dar­in ist Noske. Als ich mir vor etli­chen Jahren das Buch kauf­te, war mir Habeck gänz­lich unbe­kannt. Ich las es und war von der Darstellung Noskes der­art »erfreut«, dass ich das Buch gleich wie­der ver­är­gert bei einem Online-Händler vertickte.

Habeck hat sich damals wie heu­te mit die­ser Figur iden­ti­fi­ziert, die angeb­lich mit der Revolution sym­pa­thi­sier­te, aber dann in der Realpolitik in die Wahl zwi­schen »schlecht und schlech­ter« gedrängt wur­de. Hätte Habeck bes­ser recher­chiert, hät­te er gewusst, dass Noske zwi­schen Schlacht und Schlächter pen­del­te – und sich am Ende für bei­des entschied.

Noske war, obwohl nie Soldat, kriegs­be­gei­stert als Berichterstatter in Uniform zu Beginn des Ersten Weltkriegs nach Belgien gefah­ren, hat­te dort die Massaker des deut­schen Militärs an der Zivilbevölkerung gerecht­fer­tigt und ver­harm­lost, sich dann für Annexionen – unter ande­rem Belgiens – begei­stert, bis zur Niederlage für Kriegskredite gestimmt, Rosa Luxemburg anti­se­mi­tisch belei­digt und im November 1918 in Kiel einen ein­zi­gen Plan gehabt: Die demo­kra­ti­sche Revolution zu ersticken.

Tatsächlich war er Reichswehrminister, nicht Innenminister, und ließ als Oberbefehlshaber der Freikorps Tausende, meist Zivilisten und Arbeiter, inner­halb Deutschlands in Kooperation mit den alten mili­tä­ri­schen Eliten und den jun­gen frei­wil­li­gen ver­nich­tungs­krie­ge­ri­schen Leutnants mit­tels eines pro­fa­schi­sti­schen Befehls zur Gefangenentötung umbrin­gen. Gut 5.000 Tote gehen auf sein Konto.

Hitler, als eben ein­ge­setz­ter Reichskanzler, bezeich­ne­te Noske 1933 in einer Rede im Berliner Sportpalast als »Eiche unter die­sen sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Pflanzen«. Und Noske selbst schrieb in sei­nen Memoiren, die er gern 1936 unter den Nazis ver­öf­fent­licht hät­te, die aber erst kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erschie­nen, er habe 1919 »aus­ge­mi­stet und auf­ge­räumt, in dem Tempo, das damals mög­lich war«.

Mit dem iden­ti­fi­ziert sich also Habeck. Nun, man könn­te sagen, er war zu faul oder zu grün, um genau­er zu recher­chie­ren. Denn der Politikerstar dich­tet Noske einen Zielkonflikt an (Revolution oder Ordnung), den er nie hat­te. Noske war nie »ohne Plan« oder gar »revo­lu­tio­när«, son­dern immer kon­ter- gewe­sen, er ließ auch nicht Jahre nach der Revolution, son­dern schon nach weni­gen Wochen Arbeiter mas­sen­haft füsilieren.

Aber Habeck weiß gleich­wohl, dass Noske sich als Bluthund bezeich­ne­te und die Arbeiterbewegung »end­gül­tig gespal­ten hat«. Das inter­es­siert den Beinah-Kanzler aus Kiel aber gar nicht. Er sieht sich als Revolutionär (der er wie Noske wohl nie war), wel­cher jetzt Realpolitik machen, zwi­schen »schlecht und schlech­ter« wäh­len und »Verantwortung« über­neh­men muss, wie einst der rech­te Sozialdemokrat. Fragt sich, ob auch Habeck irgend­wann zwi­schen Schlacht und Schlächter wäh­len will und dann für bei­des stimmt – etwa als Innen- oder Verteidigungsminister. 

Nach der Jungfernrede Noskes im Reichstag 1907 wuss­te eine sati­ri­sche Zeitschrift genau, was mit Noske pas­sie­ren wür­de und wid­me­te ihm meh­re­re Zeilen. Es sei erlaubt den Namen Noske dar­in zu ersetzen:

»Lasst’s euch nicht verdrießen
Denn wir wis­sen absolut:
Habeck, der wird schießen!«"
jaco​bin​.de (15.11.21)

Der Autor Klaus Gietinger ist Filmemacher und Autor zahl­rei­cher Bücher.

17 Antworten auf „Quatsch, Olaf Scholz ist doch kein Gustav Noske!“

  1. Ich lie­be die deut­sche Geschichte. Sie ist immer wie­der geeig­net die heu­ti­gen Potentaten ihrer eige­nen Unfähigkeit und des Totalversagens zu überführen.

  2. mit dabei.
    Geschichte wie­der­holt sich immer als Farce.
    Die Comedienne des deut­schen Staatsenders gibt die SS-Arzt Hetzrede in neu­er Form wie­der, wonach
    die "Ungeimpften" der eit­ri­ge Blinddarm im Organismus der ehren­wer­ten Gemeinschaft sind.
    Die histo­ri­schen Folgen sind bekannt.
    Die stän­di­ge Wiederkehr des glei­chen deut­schen Ungeistes, in neu­er quo­ten­ge­rech­ter Gestalt.
    Meine als Kind in die Staaten ver­zo­ge­ne Freundin, sag­te mal tref­fend: Deutsche erken­nen Nazis nur dann wenn sie so aus­se­hen und so brül­len wie ihre Großväter mit Springerstiefel aus dem Geschichtsbuch,
    Ein Noske ist jeder­zeit als net­te Gutmensch*in, als Robert, oder Roberta, getarnt möglich.
    Der Schoß ist frucht­bar noch, .….…

  3. Danke, aa. Scholz hat wenig­stens in Hamburg zum G9er Treffen gezeigt, was für ein Bluthund in ihm steckt. Habeck klit­tert den Noske zum Salonlöwen. Der Lauterbach drückt uns mil­lio­nen­fach die töd­li­che Gen-Spritze in den Arm. Die Baerbock hetzt die Armee an die Heimat- und vor allem Ostfront. Die Qualitäts-Medien eifern alle­samt dem "Stürmer" nach, betrei­ben nur noch Kriegspropaganda.
    Und Michel wähnt sich durch die Maske geschützt, wet­tert daheim und am Gartenzaun gegen die Covidioten und Montagsdemoextremisten. Wenn schon nicht die Rente sicher ist, so wenig­stens das Bier noch billig.
    Das Gebräu riecht Ekel erre­gend nach Braunbier, mir fehlt die Spucke. Wacht auf, Verdammte die­ser Erde!

  4. Quatsch, Sascha Lobo ist doch kein Claas Relotius!

    Am 5.1.2022 schreibt Sascha Lobo im Spiegel:
    Zehntausende pro­te­stie­ren zusam­men mit Rechtsextremen gegen die Coronamaßnahmen. Viele von ihnen sind so miss­trau­isch, dass sie gar nichts mehr glau­ben. Dahinter steckt mehr als ein Medienphänomen via Telegram.
    […] Ich möch­te eine These anbie­ten: Die Extremsituation der Pandemie, schlech­te (staat­li­che, insti­tu­tio­nel­le) Kommunikation und sozia­le Medien wie Telegram haben ein neu­es Massenphänomen her­vor­ge­bracht, eine Vorstufe zum umfas­sen­den Verschwörungsglauben:

    die Denkpest.

    […]

    https://​www​.spie​gel​.de/​n​e​t​z​w​e​l​t​/​n​e​t​z​p​o​l​i​t​i​k​/​c​o​r​o​n​a​-​u​n​d​-​d​i​e​-​r​a​d​i​k​a​l​i​s​i​e​r​u​n​g​-​d​e​r​-​i​m​p​f​g​e​g​n​e​r​-​d​i​e​-​d​e​n​k​p​e​s​t​-​g​e​h​t​-​u​m​-​k​o​l​u​m​n​e​-​a​-​3​0​7​b​0​e​0​8​-​c​4​f​e​-​4​3​c​2​-​8​0​0​b​-​b​2​d​a​6​1​8​e​c​4ca

  5. Keine Sorge, der Schießbefehl rich­tet sich ja nur gegen mili­tan­te Demonstranten. Und höch­stens noch gegen asym­pto­ma­tisch militante.

  6. Vielen Dank für das Aufzeigen mög­li­cher zukünf­ti­ger histo­ri­scher Paralellen.
    Was ist bloß aus den Grünen geworden…

  7. [ Text: Moszkowski ( 1907, in: “ Lustige Blätter “ ) ] 

    .

    Hervé will Soldatenstreik,
    Liebknecht spricht so ähnlich,
    (…)
    Lasst’s euch nicht verdrießen
    Denn wir wis­sen absolut:
    Noske, der wird schießen!
    (…)
    Noske schreit hur­ra! hurra!
    Noske hält die Wachen,
    Noske schießt Viktoria,
    Noske wirds schon machen! 

    https://​www​.text​log​.de/​t​u​c​h​o​l​s​k​y​-​b​u​e​r​g​e​r​-​g​e​n​e​r​a​l​.​h​tml

    .

    Lustige Blätter

    https://de.wikipedia.org/wiki/Lustige_Bl%C3%A4tter

    Alexander Moszkowski

    https://​de​.wiki​pe​dia​.org/​w​i​k​i​/​A​l​e​x​a​n​d​e​r​_​M​o​s​z​k​o​w​ski

    .

  8. Literatur dazu: Haffner, Sebastian, Der Verrat, Kindler Verlag, München (auch als Lizenzausgaben unter leicht var­ri­ie­ren­den Titeln) ins­be­son­de­re hier der Verweis auf neue­re (1994/1995) Forschungsergebnisse ab 1995 erschie­ne­ne Ausgaben; Gietinger, Klaus, Der Konterrevolutionär, Edition Nautilus, Lutz Schulenburg, 2008, hier Kapitel 3. Die Geburt der völ­ki­schen SPD; Und die Dokumente und Aussagen zur Beziehung Pabst und Noske.

  9. der Noske ist in die­sem Blog der heim­li­che Star.
    letz­tens war der boris pal­mer als noskeesk vor­ge­führt worden.
    frü­her hät­te man schreckens­fi­gu­ren bei den alten römern gesucht.
    Scholz, der neue Caligula / Nero / Cäsar?
    oder, Lauterbach, ein Blaubart?
    ich ver­mu­te aber mal, die über­blen­dung histo­ri­scher figu­ren (z. B. Saddam Hussein = Hitler) trägt nichts zur ana­ly­se der gegen­wär­ti­gen Situation bei.
    habeck iden­ti­fi­ziert sich mit noske? na und?
    vie­le iden­ti­fi­zie­ren sich mit ihrem Vater, habe ich mal gelesen.

  10. Was mei­nen Sie @aa, was unter­schei­det Sie denn von dem in den Staatsmedien prak­ti­zier­ten Journalismus!? Insbesondere hin­sicht­lich ihrer Inkompetenz in Sachen Deutscher Geschichte!

  11. Herdenimmunität laut Regierung erst bei 95 Prozent Impfquote

    Die Augsburger Allgemeine schreibt:

    "Die Bundesregierung hat die Messlatte für das Erreichen der soge­nann­ten Herdenimmunität deut­lich nach oben gelegt. „Unser Ziel muss es sein, zu einer Quote von 95 Prozent vor allem bei den gefähr­de­ten Gruppen zu kom­men“, sag­te die par­la­men­ta­ri­sche Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Sabine Dittmar (SPD), unse­rer Redaktion. Man habe am Anfang gedacht, dass eine Quote von 70 Prozent für die Herdenimmunität aus­rei­che. „Das aller­dings reicht, wie wir jetzt wis­sen, vor dem Hintergrund der zahl­rei­chen Mutationen nicht aus“, sag­te die Gesundheitspolitikerin."

    >>> https://​www​.augs​bur​ger​-all​ge​mei​ne​.de/​p​o​l​i​t​i​k​/​c​o​r​o​n​a​-​p​a​n​d​e​m​i​e​-​h​e​r​d​e​n​i​m​m​u​n​i​t​a​e​t​-​l​a​u​t​-​r​e​g​i​e​r​u​n​g​-​e​r​s​t​-​b​e​i​-​9​5​-​p​r​o​z​e​n​t​-​i​m​p​f​q​u​o​t​e​-​i​d​6​1​4​5​1​2​4​6​.​h​tml

  12. Beängstigend. Wenn man sieht, wie sich ande­re Grüne wie Fischer oder Kretschmann, ein­mal im Amt, benom­men haben, muss man in der Tat das Schlimmste befürch­ten. Ein Glück, dass Habeck nicht Reichswehrminister ist.

  13. In wel­chem Sumpf schwärt wohl die­ses Gelichte:

    https://​www​.rubi​kon​.news/​a​r​t​i​k​e​l​/​d​e​r​-​f​a​k​e​-​a​n​t​i​f​a​s​c​h​i​s​mus

    Aktuell im AfD‑, Republikaner‑, Querdenker-Sumpf etwa – oder wo ganz anders?

    Wer nicht ver­steht, dass ech­ter Antifaschismus nicht die staat­lich Gehätschelten schüt­zen muss, son­dern die Ausgesonderten, Verfemten, Beschimpften, der ist wohl auch zu blöd um zu erken­nen, dass nicht jeder der sich "links" nennt, der einen "lin­ken Blog" betreibt, der als "lin­ker Intellektueller" gilt, das auch ist.

    Wer ange­sichts der unbe­streit­ba­ren Ereignisse nicht begreift, dass "links" noch nie so benutzt, so miss­braucht, so unter­wan­dert, so ver­dreht, so per­ver­tiert war wie heu­te, dem ist echt nicht mehr zu hel­fen – oder ist viel­leicht gar Teil die­ser Agenda?

  14. "DrAdriana Radler-Pohl
    @ARadlerPohlDr
    6. Jan.

    … so spricht ein Arzt, der sich eg für Mitmenschen ein­set­zen soll­te … ich ver­mis­se die Haltung, nicht zu scha­den … selt­sa­me Einstellung …

    Intensivdoc@narkosedoc
    · 5. Jan.
    Einkesseln, stun­den­lang im Regen ste­hen las­sen, in Ruhe Personalien fest­stel­len, saf­ti­ge Geldstrafen.
    Es geht schon – wenn man nur will."

    https://​twit​ter​.com/​A​R​a​d​l​e​r​P​o​h​lDr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert