»Die während der bayerischen Corona-Ausgangsbeschränkung im Frühjahr 2020 verhängten Bußgelder sollten laut Justizminister Eisenreich zurückgezahlt werden. In diesem Punkt sei er sich mit Gesundheitsminister Holetschek einig, sagte er dem BR.
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Mehr als 22.000 Bußgelder wurden in Bayern vom 1. bis zum 19. April 2020 wegen Verstößen gegen die damalige strenge Ausgangsbeschränkung des Freistaats verhängt – vor gut einer Woche kippte das Bundesverwaltungsgericht diese Corona-Regelung nachträglich als unverhältnismäßig und unwirksam. Nachdem sich das bayerische Gesundheitsministerium zur Frage der Rückzahlung der Bußgelder zunächst zurückhaltend geäußert hatte, gab es nun offenbar ein Umdenken in der Staatsregierung.
"Wenn Bürgerinnen und Bürger einen entsprechenden Antrag stellen, dann bin ich der Meinung, dass in den Fällen, wo man dieses Bußgeld nicht rechtmäßig hätte erheben können, dass das dann auch zurückgezahlt wird", sagte Justizminister Georg Eisenreich dem BR. Der CSU-Politiker fügte hinzu: "Der Gesundheitsminister und ich wir sind uns in diesem Punkt einig."..
Wie reagieren die Kommunen?
Mehrere Kommunen hatten bisher den Standpunkt vertreten, dass rechtskräftige Bußgeldbescheide nicht durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts berührt würden. So sagte beispielsweise ein Sprecher der Stadt Bamberg vergangene Woche, es werde voraussichtlich nicht zu Rückerstattungen kommen. Eine ähnliche Prognose kam aus Nürnberg…
Das Verlassen der eigenen Wohnung war im Freistaat nur mit "triftigen Gründen erlaubt". Dazu zählten berufliche Tätigkeiten und Arztbesuche, Einkäufe, der Weg zum Lebenspartner sowie Sport oder Bewegung an der frischen Luft, "allerdings ausschließlich alleine oder mit Angehörigen des eigenen Hausstandes". Die Polizei war angehalten, die Einhaltung der Regeln zu kontrollieren.
Tausende Verstöße gegen Ausgangsbeschränkung
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden in dem konkreten Zeitraum insgesamt 22.076 Bußgelder wegen Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkung verhängt. Allein in München wurden demnach 3.840 Bußgeldbescheide ausgestellt, in Nürnberg etwa 1.300. Bei manchen sei es neben Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkung auch um Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen gegangen, hieß es.
Eine Ausgangsbeschränkung gab es in Bayern zwar schon vorher und auch noch danach – im aktuellen Verfahren ging es konkret aber nur um den Zeitraum in der ersten April-Hälfte…«
Toll, diese Rubrik 'Gute Nachricht'!!
Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts gibt es gute Gründe anzunehmen, dass die Bürger ein Recht auf diese Rückerstattungen haben. Trotzdem wird so getan, als käme man dem Pöbel noch großzügig entgegen. Und erwartet als Belohnung womöglich auch noch die Stimme bei den nächsten Wahlen. Leider ist es nicht unwahrscheinlich, dass diese Taktik auch noch aufgehen wird.
@King Nothing: Bayern gehört zu den Bundesländern, in denen man (seit Jahren) immer den gleichen Einheitsbrei wählt; unabhängig davon, welche Politik gemacht wird. Ich behaupte, dass man dort einen Besen aufstellen könnte, dem man ein CSU-Schild umhängt. Der Besen würde gewählt! Frei nach dem Motto: „Was soll man denn auch sonst wählen?“ oder: „Das haben wir doch schon immer so gemacht.“ Die Aussicht auf 3,50 € Rückerstattung ändert daran gar nichts.
@Anne Helga: Bei einem Besen bin ich skeptisch. Der kann keine Sprüche klopfen. Aber ein selbstverliebter Gockel würde bestimmt (wieder) gewählt. 😉
Gruß aus (Nord-)Bayern!
„Was soll man denn auch sonst wählen?“
Genau den Spruch kenne ich aus den 80er/90er-Jahren.
Da irrst nicht nur du dich. Die Bürger haben gerade kein Recht auf Rückerstattung, weil in Deutschland die Bestandskraft von Verwaltungsakten höher gewichtet wird als die Feststellung einer Verfassungswidrigkeit der diesen zugrunde liegenden Regelungen. Das ist so im VwVfG geregelt und entspricht auch der höchstgerichtlichen "Rechtsprechung". Ich hatte hierzu schon vor längerer Zeit was getippt:
https://www.ds-pektiven.de/?p=10670
Und das war eben schon lange "vor Corona" der Fall. Also für all jene, die meinen, dass wir zumindest bis 2020 so etwas wie einen "Rechtsstaat" gehabt hätten. 😉 Man schafft per Verordnungen "Regeln", gegen die du dich im Eilverfahren nicht effektiv wehren kannst, überzieht dich mit Bußgeldern – und wenn dann nach weit über 2 Jahren ein Höchstgericht entscheidet, dass diese "Regeln" rechts- oder verfassungswidrig waren, sagt man: Ätschibätsch! "Der Rechtsfrieden" müsse schließlich gewahrt bleiben."
Die einzigen, die von diesem (im Übrigen inhaltlich ansonsten vollkommen kontraproduktiven) BVerwG-Urteil profitieren sind jene, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, weil sie selbst Widerspruch eingelegt oder prozessiert (und die Sache ausreichend in die Länge gezogen) haben.
@DS-pektiven: Danke für die Infos. Dann also doch ein Gnadenakt meiner großherzigen, bayerischen Regierung. Da ja trotzdem jeder wohl einen seperaten Antrag auf Rückerstattung stellen muss, wird sich der Andrang wohl ohnehin in Grenzen halten.
Ich hoffe mit Zinsen. 100 € im Jahr 2020 waren einfach mehr wert als heute.
ot
Für Sie, werter Herr Aschmoneit, wenn die Heizung mal wieder ausfallen sollte. Damit Sie uns erhalten bleiben. Danke, für die kritische Begutachtung der Beiträge, und das Augenzudrücken für meine schlechte Rechtschreibung und Grammatik. Auch als Paradebeispiel, dass man sich nicht unbedingt in allem einig sein muß und trotzdem anständig miteinander kommuikatifizieren 😉 kann. 🙂
"Landgericht Hamburg, Urteil vom 15.05.1975
– 7 O 80/74 -
Heizungsausfall während der Wintermonate – 100 % Mietminderung
Unbeheizbare Räume sind in Herbst und Winter praktisch unbenutzbar – Mietminderung unabhängig von Verschulden des Vermieters"
https://www.kostenlose-urteile.de/LG-Hamburg_7-O-8074_Heizungsausfall-waehrend-der-Wintermonate-100-Prozent-Mietminderung.news11124.htm
"Landgericht Wiesbaden, Urteil vom 04.07.1977
– 1 S 426/76 -
Erhebliche Beeinträchtigung der Heizmöglichkeit berechtigt zu einer Mietminderung
Minderungsquote von 100 % gerechtfertigt"
https://www.kostenlose-urteile.de/LG-Wiesbaden_1-S-42676_Erhebliche-Beeintraechtigung-der-Heizmoeglichkeit-berechtigt-zu-einer-Mietminderung.news14856.htm
"Landgericht Berlin, Urteil vom 20.10.1992
– 65 S 70/92 -
Keine Heizung im Winter: 100 % Mietminderung
Wohnung ist im Gebrauchswert erheblich beeinträchtigt"
https://www.kostenlose-urteile.de/LG-Berlin_65-S-7092_Keine-Heizung-im-Winter-100-Prozent-Mietminderung.news12582.htm
Hier lassen sich noch weiter Urteile finden, mit 75%, 70%, usw.%
"Mietminderungstabelle 2022"
https://mietminderungstabelle.de/
"Mietmängel
10 wichtige Tipps zur Mietminderung
Wann man die Miete mindern kann und was bei der Mietminderung zu beachten ist"
https://www.anwaltsregister.de/Rechtsratgeber/10_wichtige_Tipps_zur_Mietminderung.d621.html
@Benjamin: Danke!
Ich hielt es für einen Scherz. Einen sehr schlechten dazu. Kann man Stimmenkauf offener zeigen?
Wenn ein Gericht die Rückzahlung anordnet, sehr gut. Aber aus opportunistischen Erwägungen heraus kurz vor einer Wahl, um die Verfassungsbrüche vergessen zu machen? Nein, danke. Es mag den einen oder anderen hart treffen, aber dies ist vergleichbar dem Stimmenkauf in antiken Zeiten und in manchen Gegenden der Welt noch heute.
und so haben die Sachbearbeiter der Bußgeldstellen für weitere 2 Jahre eine Darseinsberechtigung.
Genau: Wahlpropaganda. Mehr nicht. Man beachte den Konjunktiv.
"»Die während der bayerischen Corona-Ausgangsbeschränkung im Frühjahr 2020 verhängten Bußgelder sollten laut Justizminister Eisenreich zurückgezahlt werden."
…sollten
vielleicht, eventuell
Und bitte alles vergessen
Z.B. das Jagen der Kinder beim Rodeln
Und eine parlamentarische Aufarbeitung sollte auch stattfinden
https://www.welt.de/politik/deutschland/plus242410903/FDP-Gesundheitsexperte-Ullmann-Eine-andere-Corona-Kommunikation-haette-viel-Schmerz-in-unserem-Land-verhindern-koennen.html
Nennt sich "Gut-Wetter-machen" oder auf Versöhnung einstellen
Zunächst einmal könnten alle noch laufenden Bußgeldverfahren eingestellt werden, insbesondere die gegen die Allgemeinverordnung (Verbot von "Spaziergängen").
In München wurde die Allgemeinverfügung zwei mal in erster Instanz im Eilverfahren gekippt, diese Entscheidungen wurde dann jeweils in 2. Instanz innerhalb von wenigen Stunden wieder revidiert, offensichtlich politische Entscheidungen, in der der jeweilige Richter m.M.n. gar keine Zeit hatte, sich ernsthaft mit der Sachlage zu beschäftigen. Soweit ich weiß, ist ein Hauptsacheverfahren noch offen (vielleicht mal in einem Jahr oder so) und dürfte nach obiger Entscheidung gute Aussichten haben.