Tausende Tablets an Berliner Schulen liegen ungenutzt rum. Millionen Euro wurden "nicht verausgabt"

tages​spie​gel​.de (18.10.)

Was unter päd­ago­gi­schen Gesichtspunkten eine erfreu­li­che Nachricht ist, läßt den schul­po­li­ti­schen Sprecher nicht ruhen.

Seine Vorschläge errei­chen aller­dings nicht das Niveau der künst­le­ri­schen Komposition des Werbefotos (Schwimmbad? Würde pas­sen zur Pool-Lösung, jeden­falls nicht Gotik).

»Herr Krüger, was hat Rot-Grün-Rot mit der Schuldigitalisierung vor? Es gibt 24 Millionen Euro im Haushalt 2022/23, nichts tut sich. Oder doch?
Wir wol­len Schülerinnen und Schülern das digi­ta­le Lernen in der Schule ermög­li­chen. Neben Mitteln für Fortbildungen und Medienkompetenzzentren haben wir 2022 ins­ge­samt neun Millionen Euro für digi­ta­le Endgeräte zur Verfügung gestellt, im Jahr 2023 sind es sogar 15 Millionen. Dieses Jahr konn­te das Geld für die Endgeräte nicht aus­ge­ge­ben wer­den, jetzt müs­sen wir alles dar­an set­zen, dass die ein­ge­plan­ten Millionen im näch­sten Jahr noch ver­aus­gabt wer­den können…

Wenn Sie dem Vorschlag der Bildungsverwaltung so wenig abge­win­nen kön­nen, wel­chen Weg schla­gen Sie vor?
Wir Grünen plä­die­ren für eine Pool-Lösung. Das bedeu­tet, dass jede Schule bei­spiels­wei­se halb so vie­le Geräte bekommt, wie sie Schüler:innen hat. Wie die Geräte dann in der Schule ver­teilt wer­den, soll von jeder Schule eigen­stän­dig und unter päd­ago­gi­schen Maßstäben getrof­fen werden.

Wie könn­te das kon­kret aus­se­hen? Welche Möglichkeiten gäbe es?
Das kann bedeu­ten, dass in jeder Klasse die Hälfte der Schüler:innen die Geräte von der Schule gestellt bekommt und die ande­re Hälfte ihre eige­nen Geräte mitbringt…

Die SPD-geführ­te Bildungsverwaltung hat wegen der Pandemie in der vori­gen Legislatur 50.000 Tablets für Lehrkräfte und ande­re Beschäftigte ange­schafft. Manche wur­den nie ein­ge­schal­tet. Droht das auch bei den Schülergeräten?
Wenn man es falsch macht: auf jeden Fall! Deshalb müs­sen wir uns immer fra­gen: Wie ist die Situation in den Schulen? Und da kann ich Ihnen sagen, dass vie­le Schulen unter gro­ßen Anstrengungen bereits eige­ne Systeme auf­ge­baut haben. Wenn wir dar­an anknüp­fen, dann besteht eine gute Chance, dass die Geräte auch genutzt werden.

Dann hät­ten aber alle ver­schie­de­ne Geräte. Wäre das in Ihrem Sinne?
Genau. Wir wol­len den Schulen größt­mög­li­che Freiheit ver­schaf­fen. Nicht nur in der Verteilung, son­dern auch bei der Auswahl der Geräte – zum Beispiel zwi­schen Apple, Microsoft und einer Linux-basier­ten Lösung. Die Senatsverwaltung für Bildung hät­te gern ein System für alle. Darauf beruht ihr gesam­tes Konzept. Davon hal­te ich nichts…«

Es feh­len tau­sen­de LehrerInnen in Berlin, weit weni­ger als benö­tigt wer­den aus­ge­bil­det. Die Arbeitsbedingungen sind unter­ir­disch. Da greift man doch ger­ne zu extrem teu­ren Lösungen, die "in der Pandemie" schon so groß­ar­tig wirk­ten. So wird Geld in die Kassen der Tech-Konzerne gespült, die zugleich mit ihrer Software die Lerninhalte bestim­men. Denn nicht nur an IT-Fachleuten in den Schulen wird gespart, son­dern auch in den Ministerien bei der Erarbeitung sinn­vol­ler Curricula.

Anstatt die Lehren zu zie­hen aus immer klaf­fen­de­ren Lernlücken, vor allem bei ärme­ren Kindern, aus den gra­vie­ren­den psy­chi­schen Schäden durch Schulschließungen und Fernunterricht, wer­den neue Schritte zum wei­te­ren Ausschluß von Kindern aus sozia­len Zusammenhängen geplant. Wie die Spritzen in jeden Arm sol­len, immer und immer wie­der – schließ­lich sind sie bestellt und bezahlt –, so sol­len Abermillionen Euro in Technik ver­wan­delt wer­den, ob sie benö­tigt wird oder nicht. Bei bei­den Themen geht es nicht um die Bedürfnisse von Menschen. Sondern um die Märkte für Konzerne und Betätigungsfelder für Wichtigtuer wie Louis Krüger.


welt​.de (17.10.)

7 Antworten auf „Tausende Tablets an Berliner Schulen liegen ungenutzt rum. Millionen Euro wurden "nicht verausgabt"“

  1. Mich begei­stert vor allem das Gefasel von "größt­mög­li­cher Freiheit" bei der Auswahl der Geräte. Das erleich­tert natür­lich unge­mein einen even­tu­el­len Schulwechsel…
    Ich möch­te mir erst gar nicht aus­ma­len, was Louis und sei­ne Freunde sich unter "päd­ago­gi­schen Maßstäben" für die Verteilung vorstellen.
    Man soll­te eine grund­sätz­lich schlech­te Idee unbe­dingt auch mög­lichst schlecht umset­zen. Genauso soll­te man mit sol­chen Aufgaben unbe­dingt Leute betrau­en, deren Blick nicht durch Arbeitserfahrung getrübt wird. Alles rich­tig gemacht.

    1. @Rock o Roll: Das mit der Freiheit ver­deckt das es sich dabei um ein Cloud- oder Web-Lösung han­delt (han­deln muß denn wie sonst sol­len alle Daten zwi­schen Apple, Google, MS und Linux kom­pa­ti­ble sein). Schulwechsel ist bei einer sol­chen Lösung nicht unbe­dingt das Problem – solan­ge die Schule das glei­che Projekt nutzt. 

      Cloud-Lösungen wie Microsoft 365 sind jedoch nicht unbe­dingt kom­pa­ti­ble mit der Datenschutzgrundordnung, zumin­dest sieht man das in Baden-Würtemberg so. 

      Die getrof­fe­nen Maßnahmen stel­len zwar signi­fi­kan­te Verbesserungen im Vergleich zu einer Standard-Installation dar, reich­ten aber nach der Bewertung des LfDI nicht aus, um zu einem daten­schutz­kon­for­men Einsatz zu kom­men. Im April 2021 infor­mier­te der LfDI das Kultusministerium über die daten­schutz­recht­li­che Bewertung die­ses Pilotprojekts und emp­fahl, von der Nutzung der geprüf­ten Software abzu­se­hen und alter­na­ti­ve Lösungen zu för­dern. Der mehr­mo­na­ti­ge und inten­si­ve Praxistest hat gezeigt, dass die­ser Versuch der Erstellung einer daten­schutz­kon­for­men Konfiguration nicht erfolg­reich war, Annahmen sich als nicht zutref­fend erwie­sen haben und dass der Einsatz von MS 365 im schu­li­schen Kontext zahl­rei­che daten­schutz­recht­li­che Verstöße mit sich bringt. Dass sich die­se künf­tig – auch unter kon­struk­ti­ver Mitwirkung von Microsoft – redu­zie­ren oder teil­wei­se behe­ben las­sen, ist nicht aus­ge­schlos­sen, aber der­zeit nicht absehbar.
      https://​www​.baden​-wuert​tem​berg​.daten​schutz​.de/​m​s​-​3​6​5​-​s​c​h​u​l​e​n​-​h​i​n​w​e​i​s​e​-​w​e​i​t​e​r​e​s​-​v​o​r​g​e​h​en/

      Überhaupt fin­det viel zu wenig Beachtung das bei all den "Digitalisierungs" Geschrei jeder Euro der in IT gesteckt wird im Wesentlichen in den USA landet. 

      Laut „Digital Economy Report 2019“ der Uno ver­bu­chen sie­ben „Superplattformen“ zwei Drittel des welt­wei­ten Internet-Marktes: An erster Stelle Microsoft, gefolgt von Apple, Amazon, Google und Facebook – alle aus den USA – sowie Tencent and Alibaba in China. Europäische Firmen machen nur vier Prozent des Geschäftes. Der Rest ver­teilt sich auf ande­re Länder aus Asien, Lateinamerika und Afrika.
      https://​www​.it​-zoom​.de/​d​v​-​d​i​a​l​o​g​/​e​/​u​n​o​-​w​a​r​n​t​-​v​o​r​-​i​n​t​e​r​n​e​t​-​o​l​i​g​o​p​o​l​e​n​-​2​3​9​23/

      Von wei­te­ren Kosten wie z.B. Strom mal ganz abgesehen.

  2. ────────────▄▀░░░░░▒▒▒█─
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  3. Louis Krüger wur­de in Berlin-Pankow gebo­ren, wo er auch auf­wuchs. Von 2002 bis 2006 besuch­te er die Joan-Miró-Grundschule in Berlin-Charlottenburg, von 2006 bis 2013 das Werner-von-Siemens-Gymnasium in Berlin-Nikolassee. Nach sei­nem Abitur stu­dier­te er Deutsch und Philosophie auf Lehramt an der Humboldt-Universität zu Berlin. Das Studium schloss er 2021 mit dem Master of Education ab. Quelle: Wikipedia
    Noch kei­nen Tag als Lehrer gear­bei­tet, aber schon schul­po­li­ti­scher Sprecher der Grünen. Sein Direktmandat hat er mit 21,9% der Erststimmen „gewon­nen“.
    Mir graut vor sol­chen Greenhorns, die außer Schulbankdrücken noch nichts gelernt haben.

  4. Die heu­ti­gen (Schul-)Kinder brau­chen viel. Was sie ganz sicher­lich ü.ber.haupt nicht benö­ti­gen, ist Digitalisierung. Das schließt Rechner, Tablets, Laptops und den gan­zen ande­ren sinn­lo­sen Kram mit ein.

    Gebt ihnen Freiheit, ein Musikinstrument und die Möglichkeit, sich ana­log Bildung anzu­eig­nen. Dann habt ihr ihnen tat­säch­lich geholfen.

    N.B. @aa: was macht denn der Schwanz da um 0.07?

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