Eine Zusammenfassung der "Wahlpannen" aus der Feder des Chefredakteurs des "Tagesspiegel":
»+ Teilweise lagen Stimmzettel aus den falschen Bezirken vor.
+ Erste Hinweise auf die Zettelverwechslung gab es bereits um 10 Uhr aus Friedrichshain, aber bei der Wahlleitung war niemand zu erreichen.
+ In einigen Wahllokalen gingen bereits um 14 Uhr die Stimmzettel aus.+ Kuriere, die Nachschub besorgen sollten, blieben im Marathonstau stecken.
+ Einige Wahllokalleiter machten sich mit dem Auto auf, um irgendwo neue Wahlzettel aufzutreiben – und kamen ebenfalls nicht durch.
+ Wahlhelfer gingen zu Fuß los, um anderswo Wahlzettel aufzutreiben.
+ Mancherorts betrug die Wartezeit auf neue Wahlzettel bis zu vier Stunden.
+ In anderen Wahllokalen gab es nicht genug Wahlkabinen.
+ Zuweilen wurden gekippte Tische, Pappen und Transkisten zu provisorischen Wahlkabinen umfunktioniert.
+ Stundenlang mussten die Menschen vor manchen Wahllokalen warten (der Regierende Bürgermeister kam mit 25 Minuten davon).
+ Etliche Wahlberechtigte gaben auf und gingen wieder.
+ Für ältere Menschen, die nicht länger stehen konnten, gab es selbst vor Schulen keine Stühle.
+ Wegen des chaotischen Verlaufs wurden viele Wartende noch weit nach 18 Uhr in die Wahllokale gelassen.
+ In Pankow wurden fast 200 Menschen um 19 Uhr wegen fehlender Wahlzettel nach Hause geschickt, obwohl sie hier seit dem Nachmittag in einer langen Schlange warteten.
+ Die letzten Wahlzettel wurden nach 20 Uhr in die Urnen gesteckt – die Wartenden waren vor ihrer Stimmabgabe umfassend über die aktuellen Hochrechnungen informiert.
Eine unfassbare Szene spielte sich vor dem Wahllokal Münstersche Straße in Charlottenburg ab: Gegen 15.30 Uhr verkündete ein verzweifelter Wahlhelfer den Wartenden, dass es keine blauen Stimmzettel mehr gibt (Zweitstimme Abgeordnetenhaus). Wer aber auf diese Stimmabgabe verzichten wolle, könne jetzt reinkommen und wählen, was noch übrig ist. Einige Wahlberechtigte gingen darauf ein, andere gingen wieder weg, und manche warteten weiter auf Nachschub.
Demokratie im Ausverkauf. Der Wahlschein als Bückware – soweit hat es Berlin also gebracht. Wo sind die UN-Wahlbeobachter, wenn man sie mal braucht? Das ist eine Einladung zu Anfechtung – Wiederholung (inklusive Pannen) nicht ausgeschlossen.
Überraschend kam das Chaos nicht. Denn dass die Landeswahlleiterin mit ihrer organisierenden und koordinierenden Aufgabe überfordert ist, zumal bei einer solchen komplexen Wahl (ein Marathon, fünf Zettel, sechs Stimmen), war absehbar. Die Spitze der Innenverwaltung hatte die Beamtin nicht haben wollen, die Senatskanzlei auch nicht. Beim Rechnungshof musste erst eine Stelle für sie geschaffen werden, damit sie überhaupt irgendwo unterkommen konnte. Bereits nach der Bundestagswahl 2017 lautete eine Schlagzeile im Tagespiegel: „IT-Absturz, ungültige Stimmen, bundesweit Letzter bei der Auszählung: Berlins Landeswahlleiterin nimmt die Pannen gelassen.“ Diesmal hätten spätestens bei ihrem Aufruf an die Wählerinnen und Wähler, eigenen Stifte mitzubringen, alle Alarmglocken schrillen müssen.
Was wäre eigentlich geschehen, wenn die Wahlbeteiligung höher gewesen wäre – und wenn nicht so viele Menschen (so viele wie nie zuvor) vorab die Möglichkeit zur Briefwahl genutzt hätten? Man mag es sich nicht vorstellen. Warum wurde nicht vorgesorgt für den erwartbaren Umstand, dass die Leute bei einem so umfangreichen Wahlvorgang wie diesmal (nie konnten mehr Stimmen auf einmal abgegeben werden) in den Wahlkabinen etwas länger brauchen würden als sonst?
Eine ernsthafte Entschuldigung der politisch Verantwortlichen war übrigens bis jetzt nicht zu vernehmen. In der Hauptstadt der organisierten Unzuständigkeit ist das offenbar zu viel verlangt. Was es gab, war nur Schulterzucken auf hohem Niveau (und zwar so, dass die Ohren verdeckt sind): Er könne sich das auch nicht erklären, erklärte der Sprecher der Landeswahlleiterin. Mit anderen Worten: Da kannste nix machen.
Was hier nicht vergessen werden sollte: Der Einsatz der Wahlhelferinnen und -helfer war unter diesen Umständen grandios (auch wenn einige Hundert einfach nicht auftauchten; dafür hatte es die Landeswahlleiterin wiederum versäumt, denjenigen abzusagen, die man meinte nicht zu brauchen. Nur: Warum wurde ihnen nicht auch zugesagt? Dass es Schwund geben wird, war doch zu erwarten).
Ach ja, ein paar Maskenverweigerer gab es natürlich auch. Als die Wahlhelfer sie in einem Wahllokal nicht in die überfüllten Räume ließen, kam die Polizei und kündigte an, Zwang auszuüben – allerdings nicht gegenüber den Gefährdern, sondern gegenüber den Helfern. Nach zwei Stunden wurde dann ein Extraraum bereitgestellt.«
Dit is Balin!
Irgenwie passt das. 🙂
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Nicht nur, dass ich meine Zweifel am zu grünen Wahlergebnis habe, ich spüre Falschheit, Lüge und Betrug. Warum? Erfahrungen aus vierzig Jahren DDR-Kandidaten der Nationalen Front-Wahl (Was auch immer damit gemeint war). Und was bin ich froh, dieser Stadt, resp. Stadtregierung entkommen zu sein. Schöne Grüsse aus BW.
Vierzig Jahre DDR, und nochmal gut 32 bundesdeutsche? Ich sag mal, Tschüssiii!
Verstehe ich die Andeutungen richtig?
Um eine durch Unfähigkeit für irgendetwas aufgefallene Person im ÖD durchzufüttern, hat man sie zur Landeswahlleiterin gemacht?
(weil nur alle paar Jahre was arbeiten wird schon gehen)
Die Ursache des Warteschlangen-Problems ist glasklar und hat mit Corona nichts zu tun: Es wurde scheinbar überhaupt nicht bedacht, dass diesmal der *Zeitbedarf* pro Wähler ein Mehrfaches einer "normalen" Wahl beträgt und daher die übliche Zahl an Wahlkabinen (z. B. drei pro Wahllokal) absehbar völlig unterdimensioniert ist.
Es gab 5 Stimmzettel in die Hand, die von allen Wählern erst einmal verstanden werden müssen:
– Abgeordnetenhaus (Erststimme): 10 Kandidaten aus 10 Parteien
– Bezirksverordnetenversammlung: 15 Parteien, 45 Namen
– Volksentscheid: Zustimmung zu einem Gesetzentwurf ("Da steht ja gar nichts von Enteignung, ist das jetzt der dafür oder dagegen?")
– Bundestag: eine Stimme für 12 Kandidaten aus 12 Parteien, eine Stimme für 24 Parteien, ca. 100 Namen
– Abgeordnetenhaus (Zweitstimme): 30 Parteien, 60 Namen
Fast alle Berliner haben die Stimmzettel im Wahllokal erstmals gesehen und lesen können, welche Parteien und Personen da für ihren Wahlkreis eigentlich so alles drauf stehen.
Wie viele Minuten braucht wohl ein Noch-nicht-Entschiedener oder eine Person, die Probleme beim Lesen hat oder sich mit Politik sonst nicht beschäftigt und nicht genau wusste, was wo und wie anzukreuzen ist und wo man Christian Drosten ankreuzen kann? Plus eine halbe Minute Puffer beim Wählerwechsel plus Reserve für die Stoßzeiten.
Der Faktor Zeit-Mehrbedarf im Vergleich zu einer "normalen" Wahl hätte also auf die Zahl der Wahlkabinen angewandt werden müssen, um einen gleichen Wähler-Durchsatz zu erreichen. Das ist zumindest hier nicht geschehen.
Über den Daumen: Schon die doppelte Anzahl Wahlkabinen hätte wohl in den meisten Fällen das Warteschlangen-Problem gelöst, da es weniger persistente Schlangen gegeben hätte. Amtshilfe hätte die Verkehrslenkung Berlin leisten können und informieren, wie Aufschaukelungen ("Stau") zuverlässig entstehen ("worst practice").
Das eklatante *Mengenproblem* bei den Wahlzetteln ist ebenso unverständlich. Auch beim Warten in meinem Wahllokal hörte ich Gespräche über nötigen händischen Ausgleich der Zettel mit anderen Wahllokalen. Die Zahl nötiger Wahlzettel pro Wahlkreis ist ab Erstellung der Wählerlisten bekannt. Die nötige Reserve ist durch die Nichtwähler-Quote mehr als ausgeglichen.
Bei einer Wahlbeteiligung von 76 % und davon 30 % Briefwahl muss es um eklatante Fehlkalkulationen gegangen sein – oder um ein Primat des Papiersparens über dem "Wahlangebot" an alle Wahlberechtigten.
Ist doch immer wieder erstaunlich, wie lässig Menschen mit einer ärztlich attestierten gesundheitlichen Einschränkung in der Qualitätspresse sprachlich diffamiert werden dürfen. Sind halt Maskenverweigerer… Von Sehverweigerern oder Laufverweigerern habe ich hingegen noch nie gehört.