Ein Leser hat es gefunden, das Manifest des Schwurblismus, verfaßt von Timo Ulrichs et al. im August 2020. "Global Health Think Tanks – Think Tanks im Bereich der Globalen Gesundheit". »Globale Gesundheit bearbeitet transnationale Gesundheitsprobleme, Determinanten und Lösungen an den Schnittstellen zwischen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft«, heißt es im Abstract. Wir lesen:
»Hintergrund – globale Gesundheit
Der Begriff „Globale Gesundheit“ ist nicht definiert oder als Marke geschützt. So konnte sich aus den angrenzenden und befassten Akteursfeldern heraus eine Vielfalt von relevanten Kompetenzen organisieren, ihre Erfahrungen und Vorstellungen einbringen, um die Schärfung eines spezifischen Konzeptes für die besondere neue Funktion der Globalen Gesundheit und eine Professionalisierung auf möglichst breiter Basis vorzubereiten.
Während dieser Standardisierungsphase und besonders im Zuge von Prozessen der Institutionalisierung kommt es darauf an, das übergreifende Innovationspotenzial der Globalen Gesundheit für alle Bereiche wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Handelns mithilfe einer klaren Definition klar und zugänglich zu machen
Mit dem vorgeschlagenen methodologischen Ansatz der Globalen Gesundheit können diese disambiguierten Themenfelder als integrierte wissenschaftlich-politisch-gesellschaftliche Praxisfelder mit Verknüpfungsoptionen dargestellt werden. Hieraus ergibt sich ein ganzheitliches offenes System von Elementen und Fragestellungen, die unter dem Ansatz Globaler Gesundheit mit einer eigenen, neuartigen Qualität bearbeitet werden können…«
Vom Segen der Philanthropie
»Die technologisch und ökonomisch getriebene Globalisierung war maßgeblich an der Entwicklung des globalen Politikfeldes Gesundheit beteiligt. Dies gilt auch für die von den Vereinten Nationen verabschiedeten Millennium-Entwicklungsziele (MDGs), mit ihrer Betonung der Verbesserung der Gesundheit. Sie bewirkten große Investitionen von öffentlichen und privaten Geldgebern in globale Gesundheitsprojekte und Initiativen. Im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit stiegen die Ausgaben für Gesundheit von ca. 5,6 Mrd. US$ (1990) auf ca. 31,3 Mrd. US$ (2013) an. Angesichts der beschränkten Mittel transnationaler Einrichtungen wie der WHO wurde dies insbesondere durch philanthropische Stiftungen wie der Bill und Melinda Gates Stiftung oder Rotary International ermöglicht…
Die globale Gesundheitsarchitektur befindet sich in einem ständigen Wandel und gewinnt zunehmend an Komplexität… Dabei macht sich zunehmend störend das Fehlen eines adäquaten konzeptuellen Rahmens bemerkbar, der die Arbeit der Globalen Gesundheit in eine kulturübergreifende, wertegeleitete und umfassend wissenschaftlich-praktische Kohärenzperspektive stellen und als ethisch- pragmatisches Governance-Projekt vorstellen würde.«
Die Plastizität des Begriffes und das Desiderat einer innovativen Strategie
»Die zuvor genannte Plastizität des Begriffes Globale Gesundheit und die rasche Zunahme der Einsicht in die Bedeutung und das Desiderat einer innovativen Strategie für Globale Gesundheit verlangt Kompetenzen der Verknüpfung und transdisziplinären Zusammenarbeit im Dienst an der Globalen Gesundheit als universalem Zweck und konkreter Zielsetzung. Nicht für alle Akteure kommt hier eine eigene neue Herangehensweise in Betracht…
Institut für Globale Gesundheit Berlin
Das Institut für Globale Gesundheit Berlin (IGGB) wurde 2017 als akademischer Think Tank und Wissensplattform gegründet. Das Institut ist ein Zusammenschluss unabhängiger Experten mit langjähriger internationaler Erfahrung und interdisziplinärer Kompetenz, über Globale Gesundheit zu forschen, zu analysieren, zu beraten, zu vernetzen und zu kommunizieren.«
Dessen Kompetenz ist schon daran zu erkennen ist, daß Timo Ulrichs eines von fünf Vorstandsmitgliedern ist.
»Der Zweck des gemeinnützigen Vereins ist: Das gesamte Themenfeld der Globalen Gesundheit politisch, akademisch und gesellschaftlich zu fördern und weiterzuentwickeln. Die Gründung erfolgte mit der Absicht, eine Kompetenzlücke für die Fortentwicklung der Globalen Gesundheit zu schließen.
Das IGGB begleitet seit seiner Gründung die Entwicklung der Strategie der Bundesregierung für Globale Gesundheit..«
Vorschläge im Zuge der Disambiguierung der Leitbegriffe. Die ethisch-kulturelle Zuspitzung
»Im Zuge der Disambiguierung der Leitbegriffe bringt das IGGB neben Berichten und Studien auch methodologische und konzeptuelle Vorschläge in die Debatte ein. So wurde die zuvor bereits erwähnte neue Definition für die Globale Gesundheit entwickelt, die den Wandel des Themenfeldes im Kontext der UN-Nachhaltigkeitsagenda (von den MDGs zu den SDGs) berücksichtigt, um politischen und anderen Entscheidungsträgern eine Einordnung zu erleichtern…
Das IGGB bearbeitet transnationale Gesundheitsprobleme, Determinanten und Lösungen an den Schnittstellen zwischen Politik, Wissenschaft und Gesellschaft und fördert zudem die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Mit dieser methodologischen Wende und ethisch-kulturellen Zuspitzung nimmt das IGGB die Rolle eines Vordenkers für innovative Ansätze und Diskursimpulse ein…«
Öffnung etablierter Kompetenzsilos durch Graswurzelbewegung
Auch dafür sind der Vordenker und sein Institut zu haben:
»Als eine dem globalen Ganzen der Gesundheitsarbeit verpflichtete Graswurzelbewegung in eigener Verantwortung kann das IGGB unabhängig und primär aus wissenschaftlichem Antrieb agieren. Damit ist eine besondere Flexibilität, Kreativität und Glaubwürdigkeit verbunden, die das etablierte Geflecht aus Behörden und Forschungsinstitutionen belebt. Das IGGB öffnet etablierte Kompetenzsilos und hinterfragt wissenschaftlich-disziplinäre Grenzziehungen konstruktiv, um gemeinsame übergreifende Szenarien für arbeitsteilige Zusammenarbeit der Akteure aufzuzeigen und organisationale Optionen sowie Governance der internationalen Vernetzung zu entwickeln…
Der transdisziplinäre, integrative und interkulturelle Ansatz befördert auch die Kohärenzbildung in die Organisation politischer und gesellschaftlicher Akteure für eine kooperative Agenda. Er unterstützt die globale Zusammenarbeit innerhalb und zwischen multiplen Sektoren (unter anderem Gesundheit, Umwelt, Ernährung, Entwicklung, Wirtschaft, Zusammenarbeit, Bildung usw.), unter partizipativer Einbeziehung der Gesundheitsakteure einschließlich des Gesundheitsverhaltens der Einzelnen…
Das IGGB [hat] eine multi- disziplinäre Arbeitsgruppe zu „Kultur-Fragen der Ethik, Werte, Menschenrechte und Governance in der Globalen Gesundheit“ in dem vom Bundesministerium für Gesundheit finanzierten Global Health Hub Germany ins Leben gerufen…«
Es folgt eine Übersicht weiterer deutscher und internationaler Think Tanks, auch solcher, denen Ulrichs nicht angehört. Der Artikel schließt mit
»Ausblick
Den Bereich der Globalen Gesundheit werden in den kommenden Jahren Herausforderungen wie die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels, politische Krisen, internationale Migration sowie die Entwicklungen im Bereich der globalen Gesundheitssicherung zum Schutz vor weiteren Epi- oder Pandemien prägen. Die Verschiebung geopolitischer Machtstrukturen wird die Rolle neuer Mächte mit bislang wenig repräsentiertem Kulturprofil wie China oder Äthiopien aufwerten und die Aktivierung weiterer Kohärenzpotenziale für Globale Gesundheit erforderlich machen. Zudem wird die globale Gesundheit von der UN-Nachhaltigkeits-Agenda 2030 mit ihren 17 SDGs direkt und indirekt beeinflusst werden. Die Erreichung des primären Gesundheitszieles (SDG 3:„Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“) wird wesentlich von ökonomischen Faktoren (und damit auch von anderen SDGs) und dem Zugang zur gesundheitlichen Versorgung abhängen. Daher wird das von der WHO gesetzte Ziel der allgemeinen finanziellen Gesundheits- absicherung (UHC) in den nächsten Jahren die Gestaltung der Agenda der globalen Gesundheit maßgeblich mitbestimmen. Und damit werden kultur- und grenzüberschreitende Governance-Fragen und auch die Tätigkeiten der Global Health Think Tanks immer wichtiger werden.«
»Timo Ulrichs ist Professor für Globale Gesundheit und Entwicklungszusammenarbeit an der Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin. Er ist Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und beschäftigte sich am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin mit Fragen der Tuberkulose. Am Bundesministerium für Gesundheit war er als Referent unter anderem für den Seuchenschutz und die Influenzapandemieplanung zuständig. Praktische Tätigkeiten führten ihn unter anderem nach Frankreich, in die USA und Südafrika. Zudem ist er seit 2001 in wissenschaftlichen Kooperationsprojekten in Osteuropa aktiv, insbesondere in Russ- land, Georgien und der Republik Moldau.«
(Hier wurde auf Abbildungen des Originals verzichtet. Hervorhebungen in blau nicht im Original.)
Und ich hatte Drosten für den König des Schwurbelns gehalten!
Die Akkon-Hochschule ist natürlich eine private Einrichtung. Ihr Vizepräsident ist Prof. Dr. Dr. Timo Ulrichs.
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Lieber Gates als Merkel
Das Deutsche Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten beschwerte sich 2018:
Noch mehr Amüsantes und Makabres findet man über https://www.corodok.de/?s=timo+ulrichs.
OMG. Nachdem ich ein Drittel des Textes gelesen hatte, brannten mir die Pupillen. Bekomme ich jetzt etwa Augenkrebs ? Gibt's dagegen eine Impfung ? Das sind mal Fragen, welche die "Wissenschaft" mir beantworten sollte.
Die Botschaft ist angekommen
https://www.hartmannbund.de/berufspolitik/themen-und-aktionen/hauptversammlung‑2/hauptversammlung-2022/
@ürstchen: Wobei der doch gut ist: "Nicht zuletzt die Bilanz des ersten Jahres der Ampel-Koalition habe gezeigt, dass insbesondere das Bundesgesundheitsministerium einer fachlichen Unterstützung für eine sachgerechte Umsetzung notwendigen gesundheitspolitischen Regierungshandelns bedarf."
Da wird mir ja ganz disambiguiert zumute.…
Lediglich eine FACHhochschule der Johanniter-Unfallhilfe. Nichts von Belang.
"Die Akkon Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin ist seit 2009 Deutschlands erste Hochschule für Humanwissenschaften. Die staatlich anerkannte Hochschule der Johanniter Unfall-Hilfe e.V. (JUH) bietet interdisziplinäre Studiengänge in den Fachbereichen Pflege und Medizin, Pädagogik und Soziales sowie Humanitäre Hilfe und Bevölkerungsschutz."
https://www.akkon-hochschule.de/bachelor-master
Vielleicjht sollte K.L. das mal für den Otto-Normal-Leser (Versteher) übersetzen
Der hat wohl im geschlossenen "Kompetenzsilo" zuviel CO² abgekriegt.
Das ist grandios und meisterlich, weil unparodierbar. Es fängt ja schon mit den Namen der Ko-Autoren an: Mathias Bonk und Ole Döring. Wer schlecht gelaunt ist, möge diese Namen zehnmal hintereinander laut aufsagen.
Auch schön die biographische Angabe zu Herrn Ulrichs: "Am Bundesministerium für Gesundheit war er (…) für die Influenzapandemieplanung zuständig."