Bei einem Zeitungs-Volontär kann man schon mal ein Auge zudrücken. Wäre man ein Neunauge, müßten es dann schon alle sein, wollte man wohlwollend den Artikel bewerten, der am 30.9 in der FAZ publiziert wurde. "Infektion ist für jeden fünften Hochbetagten tödlich" ist er überschrieben und teilt mit:
»Eine Analyse von Dutzenden von Corona-Studien bestätigt, dass Covid-19 weit tödlicher ist als die saisonale Grippe. Bei über 85 Jahre alten Menschen, die mit Corona infiziert sind, sterben laut Christian Drosten so viele "wie bei den Pocken im Mittelalter"
Auf das Alter kommt es an. Am Dienstag sagte Christian Drosten in seiner jüngsten Podcast-Folge auf NDR Info: "Die Sterblichkeit geht mit zunehmendem Alter rapide nach oben." .«
Es ist gewiß nicht leicht, das Transkript des Podcasts zu lesen, aber das Folgende findet sich dort nicht:
»Schon für die 55 bis 64 Jahre alten Corona-Infizierten gelte: Das Risiko, am Virus zu sterben, sei über 200 Mal höher, als bei einem Verkehrsunfall ums Leben zu kommen. Bei diesem Vergleich beruft sich die interdisziplinäre Forschergruppe auf die Lage in Großbritannien, während es in den Vereinigten Staaten in dieser Altersgruppe mehr als 50 Mal wahrscheinlicher ist, an den Folgen einer Corona-Infektion zu sterben, als infolge eines Unfalls auf Amerikas Straßen.«
Denn zu Großbritannien steht dort nichts, wohl aber zu den USA:
» Also wenn jemand in diesen letzten zehn Berufsjahren ist, dann kann der ein Jahr Auto fahren und die Wahrscheinlichkeit, dass der einen Unfall hat, die ist nur ein Zweihundertstel zu sterben wie bei einer Covid-19-Infektion.«
Weil dem Volontär der Vergleich so gut gefällt, wiederholt er ihn noch zweimal:
»Deutlich tödlicher als die Grippe
Sehr eindeutig positionieren sich die Autoren zur Frage, wie hoch die Sterblichkeit im Vergleich zu Grippeinfektionen liegt: "Die Analyse bestätigt auch, dass Covid-19 weit tödlicher ist als die saisonale Grippe."«
Auch hier muß man Drosten in Schutz nehmen: Dieses Zitat traut er sich nicht. Aber in der Tat findet man in der Studie (die der Autor nicht verlinkt) den Satz "This analysis also confirms that COVID-19 is far more deadly than seasonal flu." Für die deutsche Sprache gilt dennoch, was der Duden dem Wort "tödlich" als Beschreibung mitgibt: "den Tod verursachend, herbeiführend, zur Folge habend; mit dem Tod als Folge". Eine Steigerung mag grammatikalisch möglich sein, nicht aber sachlich.
Die englischen Unfalltoten werden hier in der Tat gennant, aber keine aus Australien.
Der Autor präsentiert eine selbstgebastelte Grafik:
Hier stimmt noch nicht einmal die Quelle. Die Studie wurde veröffentlicht von "Andrew T. Levin, Gideon Meyerowitz-Katz, Nana Owusu-Boaitey,
Kensington B. Cochran, and Seamus P. Walsh". In ihr sind diese Zahlen zu lesen:
»Evidently, the SARS-CoV‑2 virus poses a substantial mortality risk for middle-aged adults and even higher risks for elderly people: The IFR is close to zero for younger adults but rises to 0·4% at age 55, 1·3% at age 65, 4·5% at age 75, 15% at age 85, and exceeds 25% for ages 90 and above.«
Keine in der Grafik dargestellte Zahl erscheint in der Studie.
Unfug ist auch dies:
»Strenge Maßstäbe legte das Forscherkollektiv auch auf die Qualität der berücksichtigten Einzelstudien an. Von anfangs 111 berücksichtigten Studien hätten letztlich nur 33 den aufgestellten Kriterien genügt. Auf deren Basis ist dann die Metastudie entstanden.«
In der Studie selbst steht:
»A total of 89 studies were reviewed in depth and screened. Studies of 31 locations satisfied the inclusion criteria and were included in the meta-analysis. «
Ausführliches zum Podcast in Neues vom Trash-Comedy-Kanal: Drosten-Podcast 58.
… die Bastelgrafik ist doch sehr gelungen und die Veröffentlichung wird den ihr einzig zugeteilten medialen Zweck erfüllen : Wieder mal schaut man auf eine Kurve die steil ansteigt …
"Sterblichkeit geht mit zunehmendem Alter rapide nach oben"
Ohne dass ich mir anmassen würde, von Medizin etc. Ahnung zu haben, scheint mir diese Überschrift in der Tat eine gewisse Alltagstauglichkeit zu haben. Unterschlägt aber vermutlich die Kindessterblichkeit, die zur Gesamtsterblichkeit ja auch einen Beitrag leistet. Ohne genaue Ahnung von Menschen vermute ich mal, dass wir einem nicht unähnlichen Problem wie dem "Badewanneneffekt" unterliegen, siehe
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausfallverteilung
D.h. am Anfang geht es manchmal auch den Bach runter, am Ende immer ganz sicher. Könnte also gut sein, dass Menschsein der "Badewannenkurve" unterliegt, d.h. manche werden sehr früh mit dem Bade ausgeschüttet. Der Rest kommt ans Ende seiner Lebenserwartung. Die sich vermutlich nicht so pauschal bestimmen lässt, weil sie halt von diversen Faktoren während der unteren Phase in der Badewanne abhängt. Z.B. genetische Vorprogammierung, Karmapunkte, Alkohol- und Drogenkonsum, politische und moralische Flexibilität, Sozialverhalten usf. Ach ja, es schwebt ja Corona immer ärosolig über dem Badewasser. No problemo, beachte AHA und es kann nichts passieren: Abstand (tief lutfholen und tauchen), Hygiene (verdammt noch viel mehr Badesalz), und unbedingt die Alltagsmaske (vor, im, und nach dem Bad und auch bei Nacht).
Wie gesagt, denen gehen die schlechten Nachrichten aus, deswegen erfinden sie welche, die auch noch stümperhaft gemacht sind. Wenn dies dann aich noch in einem ansich renomierten Blatt geschieht – so geht Propaganda. Wie kann man erwirken, dass solche Artikel gelöscht werden müssen? Wahrscheinlich gar njcht. Neben den jüngsten möchte die Justiz ja auch die ansonsten gut gebildeten erreichen und beleeren..